Du willst überzeugen? Dann mach Dir selbst nichts vor.
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Viele Kommunikationstrainings geben uns praktische Regeln mit auf den Weg. Danach fühlen wir uns oft erleichtert: Jetzt wissen wir, wie die Dinge laufen!
Leider hält das beglückende Gefühl nicht lange an. Wenige Tage, manchmal nur Stunden später merken wir, dass alles wieder beim Alten ist. Katerstimmung. Und es rumort in uns: „Bin ich zu dumm?“ Die Antwort lautet natürlich: Nein.
Die Wahrheit ist mal wieder: komplex
Mehrere Jahre intensiver Arbeit an sich selbst und professionelle Unterstützung sind nötig, damit sich unsere Fühl-, Denk-, Verhaltensmuster dauerhaft verändern können. Forschung und Praxis haben das vielfach bewiesen. Vergegenwärtigen wir uns nur den Fakt, dass unsere Kommunikation zu 65 – 90% nonverbal stattfindet. Es gibt sogar Studien, die von über 90% ausgehen. Dann bedeutet das im Endeffekt, dass unsere Kommunikation zum allergrößten Teil körperlicher Art ist. Jedoch ist unser körperliches Verhalten dem rationalen Denken kaum zugänglich und hierüber, zum Beispiel über Regeln, auch nicht steuerbar.
Die Regel sagt: Hü, der Körper sagt: Hott
Wir können unserem Körper auf geistigem Weg, sozusagen „Top down“, nur schwer vermitteln, was er zu tun, nach welchen Regeln er zu kommunizieren hat. Wenn, dann funktioniert dies nur für kurze Zeit und kostet Willenskraft. Und die lässt schnell nach, weil sie begrenzt ist. Die gewünschte Verbesserung im Kommunikationsverhalten tritt nicht ein, stattdessen Frust und Enttäuschung.
Wer hier aufgibt, tut etwas gutes für sich. Denn jeder weitere Versuch endet in zunehmend krampfhaftem Verhalten und führt z. B. dazu, dass wir in der Kommunikation nicht authentisch wirken. Im schlimmsten Falle eignen wir uns eine Attitüde an, ohne es zu bemerken und wirken dabei falsch, hinterlistig oder bemitleidenswert.
Kommunikationstraining? Ja, aber klar.
Angesichts solcher Fakten stellt sich berechtigterweise die Frage, ob Kommunikationstraining überhaupt Sinn macht. Solange bestimmte Bedingungen eingehalten werden, macht dies durchaus Sinn.
Grundlegende Voraussetzung ist Transparenz. Es muss von Anfang an Klarheit darüber bestehen, was und warum auf dem Plan steht – was eine wissenschaftliche Basis hat und wo das Reich der Mythen beginnt. Dazu kann es nützlich sein, unterschiedliche Kommunikationskonzepte und -modelle zu analysieren, im Training auszuprobieren und zu vergleichen. All das dient dazu, wichtige Zusammenhänge erst einmal rational zu verstehen.
Körper als Anker und Kompass
Ausgangspunkt und integraler Bestandteil der Arbeit sollte immer wieder das Thema Selbstkontakt sein, nach dem Motto: Nimm Kontakt zu Dir auf, halte ihn und akzeptiere Dich, so wie Du gerade bist.
Körperarbeit spielt dabei die zentrale Rolle. Unser Körper hat entscheidenden Anteil daran, wie wir fühlen, denken, uns verhalten und natürlich: wie wir kommunizieren. Er ist unser Kompass und Anker zugleich. Er weiß am besten, wo es lang geht und wo wir gerade stehen.
Mach Dir selbst nichts vor.
Selbstkontakt bildet die Basis für die Klärung der Haltungsfrage: Habe ich eine Idee von meiner Rolle in der Welt und wenn ja, fühlt sie sich stimmig an? Wofür stehe ich, wo will ich hin, worum geht es mir eigentlich?
Kann ich solche Fragen im Selbstkontakt klar beantworten, habe ich tiefgründig und nachhaltig Orientierung für mich geschaffen. Das wiederum gibt mir das essentielle Gefühl von Sicherheit für mein Denken, Handeln und natürlich Kommunizieren.
Wer diesen Schritt gegangen ist, wird authentisch kommunizieren und als Persönlichkeit überzeugen können, weil innere und äußere Haltung stimmig sind. Das sollte letztendlich das Ziel eines Kommunikationstrainings sein.
Und freilich: Das Ganze ist ein dynamischer Prozess, der viel Geduld und Ehrlichkeit mit sich selbst erfordert.